Ein Artikel von Daniela (Q2):
Grenzenlose Grausamkeit, Hass, Diskriminierung – für die Umsetzung der nationalsozialistischen Ideologie schreckten die Nazis vor nichts zurück, wodurch ihnen Millionen Menschen zum Opfer fielen.
Am 27.01.1945 befreiten Soldaten der Roten Armee das Konzentrationslager Auschwitz. Anlässlich dieses historischen Ereignisses ist der 27.01. heute der internationale Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus.
Auch wir am Gymnasium Brake gedachten der Opfer und veranstalteten somit am Donnerstag, den 27.01.2022 im Prüfungskurs Geschichte mit unserer Geschichtslehrerin Frau Grafe aufgrund der Coronapandemie statt des Erinnerungsgangs durch Brake einen alternativen virtuellen Rundgang durch Brake, bei dem an die Braker Opfer des Nationalsozialismus gedacht wurde. In vier Gruppen informierten wir unsere Mitschülerinnen und Mitschüler über die Wesermarsch zu Zeiten des Nationalsozialismus.
Zwangsarbeitergräber auf dem ev. Friedhof
Wir begannen unseren virtuellen Rundgang auf dem evangelischen Friedhof in Brake. Dort liegen 23 Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen begraben. Die Todesursachen sind bei 19 von ihnen bis heute ungeklärt. Nach einer Auswertung der unvollständigen Sterbeurkunden verstarben die meisten der dort begrabenen Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen im Alter von 17 bis 23 Jahren. Der Älteste starb mit 44, der Jüngste mit nur 7 Jahren.
Während des Zweiten Weltkriegs herrschte ein eklatanter Arbeitermangel in Deutschland, daraufhin wurden Millionen Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen sowie Kriegsgefangene zum Arbeitseinsatz in das Deutsche Reich verschleppt und mussten Zwangsarbeit unter unmenschlichen Arbeitsbedingungen verrichten.
Die 10 000 Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen in der Wesermarsch arbeiteten vor allem in der Landwirtschaft oder in Industriebetrieben wie der Elsflether-Werft AG, die es bis vor kurzem sogar noch gab.
Verhältnismäßig gab es im Zweiten Weltkrieg mehr Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen in der Wesermarsch als es heute Einwohner in Elsfleth gibt.
Haus der Familie Brodek in der Kirchenstraße 50
Der nächste Ort unseres virtuellen Rundgangs befindet sich in der Kirchenstraße 50 in Brake. Dort lebte bis 1938 die jüdische Familie Brodek.
Paul Brodek heiratete seine evangelische Frau Frieda und sie bekamen 1920 einen Sohn. Paul Brodek arbeitete zuvor als Leiter des Arbeitsamtes und genoss laut Zeitzeugen ein hohes Ansehen in Brake. Dies änderte sich jedoch schnell, Juden wurden zum Feindbild in Nazi-Deutschland. Diskriminierung, Verängstigung und Sachbeschädigung gehören nun leider zum Alltag im NS.Nach der Errichtung des NS-Diktatur im Jahr 1933 zählte Paul zu den doppelten Staatsfeinden, denn er war Jude und gehörte der ab 1933 verbotenen SPD an. 1937 wurde der Sohn der Brodeks nach einer lebensgefährlichen Diskriminierung zum Schutz in die U.S.A. geschickt.
Schließlich wurde Paul Brodek in Folge der Pogrome im Jahr 1938 in das KZ Sachsenhausen deportiert, sein gesundheitlicher Zustand verschlechterte sich drastisch. Er wird aus dem KZ entlassen, da er ehemals bei der Armee gedient hat. Später während des Krieges musste er drei Wochen im Arbeitslager Farge (Bremen) Zwangsarbeit verrichten.
Aufgrund seines dramatischen Gesundheitstandes, die auf seine Gefangenschaft im Konzentrations- und Arbeitslager zurückzuführen ist, starb Paul Bordek in einem Krankenhaus in Bremen. Er überlebte die Gewaltherrschaft der Nationalsozialisten nicht.
Nach Kriegsende wanderte Frieda Brodek in die Vereinigten Staaten aus und lebte dort mit ihrem Sohn.
Der Braker Telegraph – provisorisches Gefängnis während des NS
Nun befinden wir uns an der Braker Kaje. Der Telegraph war ursprünglich Teil eines Kommunikationssystems für die Seefahrt entlang der Weser, der Keller wurde jedoch während der NS-Zeit auch als provisorisches Gefängnis verwendet. Seit 1960 ist der Telegraph das Schifffahrtsmuseum.
Der Kommunist und Antifaschist Waldemar Reiners lebte seit Anfang der 30er Jahre in Brake. Wie auch Paul Brodek stellte Waldemar Reiners ein Feindbild für die Nazis dar. Aufgrund seiner politischen Gesinnung wurde er im September 1935 verhaftet und im Telegraphen eingesperrt, anschließend wurde Reiners in seiner Heimatstadt Magdeburg inhfatiert, bis er im Gefängnis Berlin-Moabit untergebracht wurde. Dort blieb er, bis er im Oktober 1938 ins KZ Buchenwald deportiert wurde. Als politischer Gefangener befand sich Waldemar Reiners knapp sieben Jahre im KZ Buchenwald. Im KZ war es maßlos überfüllt, Reiners verrichtete morgens bis abends unterschiedliche Arbeiten. Der Alltag war von maßloser Gewalt gegenüber den Häftlingen geprägt. Reiners bezeichnete seine Zeit im Konzentrationslager mit einem Satz „Es war die Hölle.“ Reiners überlebte die insgesamt zehnjährige Gefangenschaft unter den Nazis. Reiners kehrte nach Brake zurück, wo er eine Familie gründete. Seine Enkelin und seine Urenkel besuchen/besuchten das Gymnasium Brake.
Ehemaliges Gesundheitsamt in der Breiten Str. in Brake
Zuletzt bewegten wir uns virtuell in der Breiten Straße in Brake. In einem unbewohnten Haus befand sich damals das ehemalige Gesundheitsamt. Der Amtsarzt Bruno Fortmann stellte dort während des NS Anträge auf Zwangssterilisationen aus, die auch in einem Nordenhamer Krankenhaus durchgeführt werden sollten. Das damalige „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ beinhaltete, Menschen mit Erbkrankheiten gezielt unfruchtbar zu machen. Das diente der Durchsetzung der Rassenideologie, der zufolge „minderwertiges“ Leben vernichtet werden sollte.
Als Erbkrankheiten galten Schizophrenie, Epilepsie, Blindheit etc. Doch auch Menschen, die dem nationalsozialistischen Rollenbild nicht entsprachen, wurden zwangssterilisiert. Laut einem Verzeichnis wurden in der Wesermarsch 264 Männer und Frauen gegen ihren Willen unfruchtbar gemacht. Die Dunkelziffer ist aufgrund ungenauen Aufzeichnungen und möglicher Auslassung verstorbener Opfer unbekannt. Von 1934 bis 1944 kam es zu den sogenannten „Unfruchtbarmachungen“.
Unser Fazit am heutigen Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus: Wir dürfen nicht vergessen, dass der Nationalsozialismus ein Teil der Geschichte der Wesermarsch gewesen ist und auch hier viele Opfer gefordert hat. Es waren ganz normale Familien, Nachbarn und Freunde, die unvorstellbares Leid erfuhren, nur weil sie nicht in die menschenverachtende Ideologie der Nazis passten. Verfolgung und Ausgrenzung gehörten also auch in der Wesermarsch zum Alltag in einer Diktatur.
Den Opfern und betroffenen Familien möchten wir hiermit ebenfalls gedenken und auf ihre persönliche, leidvolle Geschichte in der Wesermarsch aufmerksam machen.
Die Vergangenheit zeigt uns aber auch auf, dass wir uns gegen jegliche Form von Diskriminierung und Ausgrenzung vehement einsetzen müssen – auch an unserer Schule -, damit menschenverachtendes Gedankengut in unserer Gesellschaft keine Chance mehr hat – nie wieder!
Bildnachweise: Frau Grafe
Ein Artikel von Daniela (Q2):
Grenzenlose Grausamkeit, Hass, Diskriminierung – für die Umsetzung der nationalsozialistischen Ideologie schreckten die Nazis vor nichts zurück, wodurch ihnen Millionen Menschen zum Opfer fielen.
Am 27.01.1945 befreiten Soldaten der Roten Armee das Konzentrationslager Auschwitz. Anlässlich dieses historischen Ereignisses ist der 27.01. heute der internationale Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus.
Auch wir am Gymnasium Brake gedachten der Opfer und veranstalteten somit am Donnerstag, den 27.01.2022 im Prüfungskurs Geschichte mit unserer Geschichtslehrerin Frau Grafe aufgrund der Coronapandemie statt des Erinnerungsgangs durch Brake einen alternativen virtuellen Rundgang durch Brake, bei dem an die Braker Opfer des Nationalsozialismus gedacht wurde. In vier Gruppen informierten wir unsere Mitschülerinnen und Mitschüler über die Wesermarsch zu Zeiten des Nationalsozialismus.
Zwangsarbeitergräber auf dem ev. Friedhof
Wir begannen unseren virtuellen Rundgang auf dem evangelischen Friedhof in Brake. Dort liegen 23 Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen begraben. Die Todesursachen sind bei 19 von ihnen bis heute ungeklärt. Nach einer Auswertung der unvollständigen Sterbeurkunden verstarben die meisten der dort begrabenen Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen im Alter von 17 bis 23 Jahren. Der Älteste starb mit 44, der Jüngste mit nur 7 Jahren.
Während des Zweiten Weltkriegs herrschte ein eklatanter Arbeitermangel in Deutschland, daraufhin wurden Millionen Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen sowie Kriegsgefangene zum Arbeitseinsatz in das Deutsche Reich verschleppt und mussten Zwangsarbeit unter unmenschlichen Arbeitsbedingungen verrichten.
Die 10 000 Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen in der Wesermarsch arbeiteten vor allem in der Landwirtschaft oder in Industriebetrieben wie der Elsflether-Werft AG, die es bis vor kurzem sogar noch gab.
Verhältnismäßig gab es im Zweiten Weltkrieg mehr Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen in der Wesermarsch als es heute Einwohner in Elsfleth gibt.
Haus der Familie Brodek in der Kirchenstraße 50
Der nächste Ort unseres virtuellen Rundgangs befindet sich in der Kirchenstraße 50 in Brake. Dort lebte bis 1938 die jüdische Familie Brodek.
Paul Brodek heiratete seine evangelische Frau Frieda und sie bekamen 1920 einen Sohn. Paul Brodek arbeitete zuvor als Leiter des Arbeitsamtes und genoss laut Zeitzeugen ein hohes Ansehen in Brake. Dies änderte sich jedoch schnell, Juden wurden zum Feindbild in Nazi-Deutschland. Diskriminierung, Verängstigung und Sachbeschädigung gehören nun leider zum Alltag im NS.Nach der Errichtung des NS-Diktatur im Jahr 1933 zählte Paul zu den doppelten Staatsfeinden, denn er war Jude und gehörte der ab 1933 verbotenen SPD an. 1937 wurde der Sohn der Brodeks nach einer lebensgefährlichen Diskriminierung zum Schutz in die U.S.A. geschickt.
Schließlich wurde Paul Brodek in Folge der Pogrome im Jahr 1938 in das KZ Sachsenhausen deportiert, sein gesundheitlicher Zustand verschlechterte sich drastisch. Er wird aus dem KZ entlassen, da er ehemals bei der Armee gedient hat. Später während des Krieges musste er drei Wochen im Arbeitslager Farge (Bremen) Zwangsarbeit verrichten.
Aufgrund seines dramatischen Gesundheitstandes, die auf seine Gefangenschaft im Konzentrations- und Arbeitslager zurückzuführen ist, starb Paul Bordek in einem Krankenhaus in Bremen. Er überlebte die Gewaltherrschaft der Nationalsozialisten nicht.
Nach Kriegsende wanderte Frieda Brodek in die Vereinigten Staaten aus und lebte dort mit ihrem Sohn.
Der Braker Telegraph – provisorisches Gefängnis während des NS
Nun befinden wir uns an der Braker Kaje. Der Telegraph war ursprünglich Teil eines Kommunikationssystems für die Seefahrt entlang der Weser, der Keller wurde jedoch während der NS-Zeit auch als provisorisches Gefängnis verwendet. Seit 1960 ist der Telegraph das Schifffahrtsmuseum.
Der Kommunist und Antifaschist Waldemar Reiners lebte seit Anfang der 30er Jahre in Brake. Wie auch Paul Brodek stellte Waldemar Reiners ein Feindbild für die Nazis dar. Aufgrund seiner politischen Gesinnung wurde er im September 1935 verhaftet und im Telegraphen eingesperrt, anschließend wurde Reiners in seiner Heimatstadt Magdeburg inhfatiert, bis er im Gefängnis Berlin-Moabit untergebracht wurde. Dort blieb er, bis er im Oktober 1938 ins KZ Buchenwald deportiert wurde. Als politischer Gefangener befand sich Waldemar Reiners knapp sieben Jahre im KZ Buchenwald. Im KZ war es maßlos überfüllt, Reiners verrichtete morgens bis abends unterschiedliche Arbeiten. Der Alltag war von maßloser Gewalt gegenüber den Häftlingen geprägt. Reiners bezeichnete seine Zeit im Konzentrationslager mit einem Satz „Es war die Hölle.“ Reiners überlebte die insgesamt zehnjährige Gefangenschaft unter den Nazis. Reiners kehrte nach Brake zurück, wo er eine Familie gründete. Seine Enkelin und seine Urenkel besuchen/besuchten das Gymnasium Brake.
Ehemaliges Gesundheitsamt in der Breiten Str. in Brake
Zuletzt bewegten wir uns virtuell in der Breiten Straße in Brake. In einem unbewohnten Haus befand sich damals das ehemalige Gesundheitsamt. Der Amtsarzt Bruno Fortmann stellte dort während des NS Anträge auf Zwangssterilisationen aus, die auch in einem Nordenhamer Krankenhaus durchgeführt werden sollten. Das damalige „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ beinhaltete, Menschen mit Erbkrankheiten gezielt unfruchtbar zu machen. Das diente der Durchsetzung der Rassenideologie, der zufolge „minderwertiges“ Leben vernichtet werden sollte.
Als Erbkrankheiten galten Schizophrenie, Epilepsie, Blindheit etc. Doch auch Menschen, die dem nationalsozialistischen Rollenbild nicht entsprachen, wurden zwangssterilisiert. Laut einem Verzeichnis wurden in der Wesermarsch 264 Männer und Frauen gegen ihren Willen unfruchtbar gemacht. Die Dunkelziffer ist aufgrund ungenauen Aufzeichnungen und möglicher Auslassung verstorbener Opfer unbekannt. Von 1934 bis 1944 kam es zu den sogenannten „Unfruchtbarmachungen“.
Unser Fazit am heutigen Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus: Wir dürfen nicht vergessen, dass der Nationalsozialismus ein Teil der Geschichte der Wesermarsch gewesen ist und auch hier viele Opfer gefordert hat. Es waren ganz normale Familien, Nachbarn und Freunde, die unvorstellbares Leid erfuhren, nur weil sie nicht in die menschenverachtende Ideologie der Nazis passten. Verfolgung und Ausgrenzung gehörten also auch in der Wesermarsch zum Alltag in einer Diktatur.
Den Opfern und betroffenen Familien möchten wir hiermit ebenfalls gedenken und auf ihre persönliche, leidvolle Geschichte in der Wesermarsch aufmerksam machen.
Die Vergangenheit zeigt uns aber auch auf, dass wir uns gegen jegliche Form von Diskriminierung und Ausgrenzung vehement einsetzen müssen – auch an unserer Schule -, damit menschenverachtendes Gedankengut in unserer Gesellschaft keine Chance mehr hat – nie wieder!
Bildnachweise: Frau Grafe