Minus fünf Grad zeigt das Thermometer an, durch den Wind ist es gefühlt noch viel kälter. Trotzdem harren die Schülerinnen und Schüler tapfer vor dem Haus Nummer 50 in der Kirchenstraße aus. Scheinbar unbeirrt versuchen Chantal Jochens, Anna Schwengels und Wiebke Rieks den Lärm der vorbeifahrenden Autos zu übertönen. Sie berichten ihren Mitschülern vom Braker Gymnasium über das Schicksal von Paul Brodek, der in diesem Haus früher gewohnt hat. Brodek war Sozialdemokrat – und er war jüdischer Herkunft. Und deshalb wurde er von den Nationalsozialisten verfolgt. Brodek kam ins Konzentrationslager und starb kurz nach seiner Freilassung im September 1942.

An die Opfer des Nationalsozialismus wird in Deutschland offiziell immer am 27. Januar gedacht – dem Tag, an dem das Vernichtungslager Auschwitz befreit wurde. Seit fünf Jahren beteiligt sich das Braker Gymnasium an diesem Gedenken – in Form eines Erinnerungsgangs, der weiter zum Telegraphen führt (der zeitweise als Gefängnis für Regimegegner gedient hatte), zum Haus in der Lindenstraße, in dem die jüdische Familie Weinberg gewohnt hat, zum ehemaligen Gesundheitsamt (als Ort vielfacher Zwangssterilisationen) und schließlich auf den Friedhof zu den 23 Zwangsarbeitergräbern.

Der Gang durch Brake bei winterlichen Temperaturen lässt ein ganz klein wenig erahnen, wie es den von den Nationalsozialisten damals Verfolgten ergangen sein mag, als sie ihrer Würde und dann ihrer Rechte beraubt, vertrieben und schließlich ermordet wurden. Das war eben alles andere als ein Spaziergang.

An diese Schicksale zu erinnern, sei heute vielleicht wichtiger denn je, hatte Edda Grafe, Fachobfrau für Geschichte, vor dem Erinnerungsgang in ihrer Begrüßung in der Agora des Gymnasiums betont. „Wer als Abgeordneter des Deutschen Bundestages den Nationalsozialismus als ,Vogelschiss’ in der deutschen Geschichte betitelt, verharmlost aus unserer Sicht den unfassbaren Terror der zwölfjährigen NS-Diktatur während des 20. Jahrhunderts“, sagte die Pädagogin. Solchen Relativierungen „entschieden entgegenzutreten“ sei wichtig – besonders in der Schule. In einer pluralistischen Gesellschaft hätten Ausgrenzung, Verfolgung und Demütigung von Minderheiten keinen Platz, unterstrich Grafe.

Bürgermeister Michael Kurz dankte allen Beteiligten für den alljährlichen Erinnerungsgang. Er habe in der Stadt „interessante Diskussionen“ ausgelöst – bis ins Rathaus.

Man habe darüber diskutiert, ob das Bild von Karl Reich, der von 1933 bis 1945 Braker Bürgermeister war, abgenommen werden sollte oder nicht. Schließlich habe man entschieden, das Bild hängen zu lassen – und eine Erklärung hinzuzufügen. „Als Mahnung“, wie Kurz betonte. Denn, so der Bürgermeister, „wir haben dafür Sorge zu tragen, dass das, was passiert ist, sich nicht wiederholen darf“.

Schulleiterin Silvia Warns zitierte aus einem Brief des an diesem Tag verhinderten niedersächsischen Ministers für Wissenschaft und Kultur Björn Thümler. Das Engagement der Schülerinnen und Schüler und der betreuenden Lehrkräfte zeige, dass sie wissen, „dass wir nicht vergessen dürfen, um gewappnet für Gegenwart und Zukunft zu sein“. Dem schließe sie sich voll und ganz an, sagte Warns.

Die Schüler teilten abschließend mit, dass es mittlerweile gelungen sei, 10 000 Euro für ein Mahnmal für ehemalige Zwangsarbeiter zusammenzukommen. Das Mahnmal soll im Juni auf dem Braker Friedhof aufgestellt werden.

Ein Video sehen Sie unter   www.nwzonline.de/

Bild- und Artikelnachweis: nwzonline.de

Minus fünf Grad zeigt das Thermometer an, durch den Wind ist es gefühlt noch viel kälter. Trotzdem harren die Schülerinnen und Schüler tapfer vor dem Haus Nummer 50 in der Kirchenstraße aus. Scheinbar unbeirrt versuchen Chantal Jochens, Anna Schwengels und Wiebke Rieks den Lärm der vorbeifahrenden Autos zu übertönen. Sie berichten ihren Mitschülern vom Braker Gymnasium über das Schicksal von Paul Brodek, der in diesem Haus früher gewohnt hat. Brodek war Sozialdemokrat – und er war jüdischer Herkunft. Und deshalb wurde er von den Nationalsozialisten verfolgt. Brodek kam ins Konzentrationslager und starb kurz nach seiner Freilassung im September 1942.

An die Opfer des Nationalsozialismus wird in Deutschland offiziell immer am 27. Januar gedacht – dem Tag, an dem das Vernichtungslager Auschwitz befreit wurde. Seit fünf Jahren beteiligt sich das Braker Gymnasium an diesem Gedenken – in Form eines Erinnerungsgangs, der weiter zum Telegraphen führt (der zeitweise als Gefängnis für Regimegegner gedient hatte), zum Haus in der Lindenstraße, in dem die jüdische Familie Weinberg gewohnt hat, zum ehemaligen Gesundheitsamt (als Ort vielfacher Zwangssterilisationen) und schließlich auf den Friedhof zu den 23 Zwangsarbeitergräbern.

Der Gang durch Brake bei winterlichen Temperaturen lässt ein ganz klein wenig erahnen, wie es den von den Nationalsozialisten damals Verfolgten ergangen sein mag, als sie ihrer Würde und dann ihrer Rechte beraubt, vertrieben und schließlich ermordet wurden. Das war eben alles andere als ein Spaziergang.

An diese Schicksale zu erinnern, sei heute vielleicht wichtiger denn je, hatte Edda Grafe, Fachobfrau für Geschichte, vor dem Erinnerungsgang in ihrer Begrüßung in der Agora des Gymnasiums betont. „Wer als Abgeordneter des Deutschen Bundestages den Nationalsozialismus als ,Vogelschiss’ in der deutschen Geschichte betitelt, verharmlost aus unserer Sicht den unfassbaren Terror der zwölfjährigen NS-Diktatur während des 20. Jahrhunderts“, sagte die Pädagogin. Solchen Relativierungen „entschieden entgegenzutreten“ sei wichtig – besonders in der Schule. In einer pluralistischen Gesellschaft hätten Ausgrenzung, Verfolgung und Demütigung von Minderheiten keinen Platz, unterstrich Grafe.

Bürgermeister Michael Kurz dankte allen Beteiligten für den alljährlichen Erinnerungsgang. Er habe in der Stadt „interessante Diskussionen“ ausgelöst – bis ins Rathaus.

Man habe darüber diskutiert, ob das Bild von Karl Reich, der von 1933 bis 1945 Braker Bürgermeister war, abgenommen werden sollte oder nicht. Schließlich habe man entschieden, das Bild hängen zu lassen – und eine Erklärung hinzuzufügen. „Als Mahnung“, wie Kurz betonte. Denn, so der Bürgermeister, „wir haben dafür Sorge zu tragen, dass das, was passiert ist, sich nicht wiederholen darf“.

Schulleiterin Silvia Warns zitierte aus einem Brief des an diesem Tag verhinderten niedersächsischen Ministers für Wissenschaft und Kultur Björn Thümler. Das Engagement der Schülerinnen und Schüler und der betreuenden Lehrkräfte zeige, dass sie wissen, „dass wir nicht vergessen dürfen, um gewappnet für Gegenwart und Zukunft zu sein“. Dem schließe sie sich voll und ganz an, sagte Warns.

Die Schüler teilten abschließend mit, dass es mittlerweile gelungen sei, 10 000 Euro für ein Mahnmal für ehemalige Zwangsarbeiter zusammenzukommen. Das Mahnmal soll im Juni auf dem Braker Friedhof aufgestellt werden.

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