Heute ist nicht Stephan Weil (SPD) der Chef im Ring, heute hat Thade Fries (16) das Sagen. Der Schüler ist Ministerpräsident für einen Vormittag. Auf Krücken humpelt er an das Rednerpult des Niedersächsischen Landtags. „Wir wissen alle, dass Schüler ohne Freizeit keine Möglichkeit haben, gesund durchs Abitur zu kommen.“ Seine Fraktion applaudiert.
Die Schüler des Braker Gymnasiums sind in Hannover. Heute steht Landtag auf dem Stundenplan, nicht Bio oder Mathe. Die Teenager diskutieren die dauerhafte Einführung von G8, dem Abitur nach acht Jahren.
Plötzlich Minister
Noch vor zwei Stunden war Thade Fries einfach Thade Fries. Da saß er mit seinen Klassenkameraden in der letzten Reihe des Busses, der sie in die Landeshauptstadt brachte. Abfahrt: Brake, 8 Uhr früh, Regen.
Trotz Stau und Ärger mit dem Navi: Die Stimmung ist gut. Die Mädels schmettern lauthals „Atemlos“, die Jungs stöhnen gequält. „Wir verspäten uns, leider stecken wir auf der Autobahn fest“, sagt Peter van Mark. Er hat den Landtag an der Strippe.
Gut eine Stunde später trudelt die Truppe auf dem Hannah-Arendt-Platz ein. Der Ministerpräsident für einen Vormittag krakselt die Stufen des Busses herunter. Er hat sich den Fuß gebrochen, ist also nur auf einer Seite gut besohlt. Hinein ins „Forum am Markt des Niedersächsischen Landesmuseums“. Dort tagt aktuell der Landtag, der alte Plenarsaal wird gerade abgerissen. Anke Krüger und Fabian Müller vom Besucherdienst warten schon auf die Gruppe.
So schnell wie möglich müssen sich die Schüler in Abgeordnete verwandeln. Die Präsidentin, die Schriftführerinnen und der Ministerpräsident werden im Eilverfahren gewählt. Wofür eigentlich eine stundenlange Sitzung nötig ist, dauert hier keine drei Minuten.
Die „Bildungsmanager“, so nennt sich ab jetzt die eine Schülergruppe, sind mit sieben Stimmen im Parlament vertreten und für G8. Die „Konservativen“ bilden mit 17 Stimmen die Regierung und wollen weg vom „Turbo-Abi“. Die erste Beratungssitzung wird von der frisch vereidigten Landtagspräsidentin Fabienne Wessels eröffnet. Sie ist 16 Jahre alt.
Politiker für einen Tag
Die Opposition reicht ihren Antrag auf Gesetzesänderung ein. Recht schleppend läuft die Diskussion an, der große, helle Saal mit seinen schmiedeeisernen Verzierungen wirkt offenbar einschüchternd. Aber der Enthusiasmus steigt. Kämpferisch schließt Julia Goffmann (15) ihre Rede mit den Worten: „Wir bilden Menschen aus, keine Maschinen!“ Stürmischer Beifall ihrer Fraktion, „Die Konservativen“, laute Unmutsbekundungen der „Bildungsmanager“. Präsidentin Wessels muss eingreifen und das Parlament zur Ordnung rufen. Es macht ihr sichtlich Spaß.
Ende im Plenum, es geht in den Fachausschuss. Dort wird der Gesetzesvorschlag diskutiert. Es geschieht das Unerwartete: Die unterlegende Fraktion schafft es, einen Kompromiss durchzuboxen. Die Beschlussvorgabe lautet: Alle Schüler dürfen sich nach der zehnten Klasse für G8 oder G9 entscheiden. Knapp 20 Minuten später erlebt Ministerpräsident Fries seine erste politische Niederlage. Nicht so schlimm, bald ist er einfach wieder Thade Fries.
Mehr Infos unter www.landtag-niedersachsen.de
Bild- und Artikelnachweis: nwzonline.de
Heute ist nicht Stephan Weil (SPD) der Chef im Ring, heute hat Thade Fries (16) das Sagen. Der Schüler ist Ministerpräsident für einen Vormittag. Auf Krücken humpelt er an das Rednerpult des Niedersächsischen Landtags. „Wir wissen alle, dass Schüler ohne Freizeit keine Möglichkeit haben, gesund durchs Abitur zu kommen.“ Seine Fraktion applaudiert.
Die Schüler des Braker Gymnasiums sind in Hannover. Heute steht Landtag auf dem Stundenplan, nicht Bio oder Mathe. Die Teenager diskutieren die dauerhafte Einführung von G8, dem Abitur nach acht Jahren.
Plötzlich Minister
Noch vor zwei Stunden war Thade Fries einfach Thade Fries. Da saß er mit seinen Klassenkameraden in der letzten Reihe des Busses, der sie in die Landeshauptstadt brachte. Abfahrt: Brake, 8 Uhr früh, Regen.
Trotz Stau und Ärger mit dem Navi: Die Stimmung ist gut. Die Mädels schmettern lauthals „Atemlos“, die Jungs stöhnen gequält. „Wir verspäten uns, leider stecken wir auf der Autobahn fest“, sagt Peter van Mark. Er hat den Landtag an der Strippe.
Gut eine Stunde später trudelt die Truppe auf dem Hannah-Arendt-Platz ein. Der Ministerpräsident für einen Vormittag krakselt die Stufen des Busses herunter. Er hat sich den Fuß gebrochen, ist also nur auf einer Seite gut besohlt. Hinein ins „Forum am Markt des Niedersächsischen Landesmuseums“. Dort tagt aktuell der Landtag, der alte Plenarsaal wird gerade abgerissen. Anke Krüger und Fabian Müller vom Besucherdienst warten schon auf die Gruppe.
So schnell wie möglich müssen sich die Schüler in Abgeordnete verwandeln. Die Präsidentin, die Schriftführerinnen und der Ministerpräsident werden im Eilverfahren gewählt. Wofür eigentlich eine stundenlange Sitzung nötig ist, dauert hier keine drei Minuten.
Die „Bildungsmanager“, so nennt sich ab jetzt die eine Schülergruppe, sind mit sieben Stimmen im Parlament vertreten und für G8. Die „Konservativen“ bilden mit 17 Stimmen die Regierung und wollen weg vom „Turbo-Abi“. Die erste Beratungssitzung wird von der frisch vereidigten Landtagspräsidentin Fabienne Wessels eröffnet. Sie ist 16 Jahre alt.
Politiker für einen Tag
Die Opposition reicht ihren Antrag auf Gesetzesänderung ein. Recht schleppend läuft die Diskussion an, der große, helle Saal mit seinen schmiedeeisernen Verzierungen wirkt offenbar einschüchternd. Aber der Enthusiasmus steigt. Kämpferisch schließt Julia Goffmann (15) ihre Rede mit den Worten: „Wir bilden Menschen aus, keine Maschinen!“ Stürmischer Beifall ihrer Fraktion, „Die Konservativen“, laute Unmutsbekundungen der „Bildungsmanager“. Präsidentin Wessels muss eingreifen und das Parlament zur Ordnung rufen. Es macht ihr sichtlich Spaß.
Ende im Plenum, es geht in den Fachausschuss. Dort wird der Gesetzesvorschlag diskutiert. Es geschieht das Unerwartete: Die unterlegende Fraktion schafft es, einen Kompromiss durchzuboxen. Die Beschlussvorgabe lautet: Alle Schüler dürfen sich nach der zehnten Klasse für G8 oder G9 entscheiden. Knapp 20 Minuten später erlebt Ministerpräsident Fries seine erste politische Niederlage. Nicht so schlimm, bald ist er einfach wieder Thade Fries.
Mehr Infos unter www.landtag-niedersachsen.de
Bild- und Artikelnachweis: nwzonline.de