Am Freitag wurde das von Gymnasiasten initiierte „Denkmal gegen das Vergessen“ feierlich enthüllt. Die Redner blickten aber nicht nur auf die Zeit des Nationalsozialismus’ zurück. Sie mahnten auch vor zunehmendem Rechtsradikalismus in der heutigen Zeit.
Mit rund 80 Jahren Verspätung ist Menschen doch noch ein menschenwürdiger Abschied zuteil geworden, den ihnen die Nationalsozialisten und nachfolgende Generationen verwehrt hatten. Und zu verdanken ist das Schülern und Ehemaligen des Gymnasiums samt Geschichtslehrerin Edda Grafe. In einer würdigen Feierstunde haben sie mit geladenen Gästen und zahlreichen interessierten Brakern das „Denkmal gegen das Vergessen“ enthüllt. Unmittelbar am Eingang zum Friedhof soll es ein Ort der Erinnerung sein, vor allem aber ein Ort der Mahnung, dass es eine Menschenverachtung, wie sie auch Zwangsarbeitern im Dritten Reich erfahren mussten, nie mehr geben darf. Dies sei gerade in Zeiten eines wieder zunehmenden Rechtsradikalismus’ nötiger denn je, betonten alle Redner.
Am deutlichsten wurde Pastor Gregor Stratmann: Mit aller Kraft müssten die Widerstandskräfte gegen Rechts gestärkt werden. Denn das Mahnmal sei nicht nur als Rückschau zu verstehen, sondern auch „eine verdammte Verpflichtung an uns alle, die Ausbeutung von Menschen, die nur der schnöden Fantasie einiger entspringen und niemals der Realität“ nicht hinzunehmen. Dabei gebe es weltweit auch heute noch zwischen 21 und 45 Millionen Zwangsarbeiter. Auch sein protestantischer Amtsbruder Hans-Martin Röker erinnerte daran, dass „wir solche Anker für Humanität brauchen“.
Schülerin gibt Anstoß
Allen voran war es Elsa Blakcori. Die heute 20-jährige Jurastudentin war vor drei Jahren am Braker Gymnasium Teil des Seminarfachs Geschichte. Und nach einem Besuch auf dem Braker Friedhof samt der ganz am Rand gelegenen, von vielen vergessenen Gräbern von 23 Zwangsarbeitern stand 2016 für sie fest: „Wir müssen was tun.“ Ihr Kurs samt Lehrerin haben mitgezogen. Ebenso Bürgermeister Michael Kurz, der sofort seine Unterstützung signalisierte. Und nach drei Jahren konnte sich Elsa Blakcori am Donnerstag endlich über „einen glorreichen Tag“ freuen. Einer aus dem Kosovo geflohenen Familie entstammende und erst seit zwei Jahren deutsche Staatsbürgerin, sei es ihr ein besonderes Anliegen, den Artikel 1 des Grundgesetzes zu achten, für die Würde der Menschen einzutreten und für Frieden und Menschlichkeit einzutreten.
Das von Steinmetz Olaf Renkenerstellte Mahnmal erklärte Elsa Blakcori so: Hände symbolisieren das schwere Arbeiten, die Fesseln den Zwang und der Stein die Last. Finanziert wurde das 7600 Euro teure Mahnmal aus Spenden und von Sponsoren.
Für den stellvertretenden Landrat Uwe Thöle ist das Mahnmal „ein wichtiger Beitrag, der Opfer des Nationalsozialismus zu gedenken“. Damit beziehe man Stellung gegen Ungerechtigkeit und setze sich mit der eigenen Geschichte auseinander. „Dank an die Schüler, die diesen wichtigen Beitrag geleistet haben.“
Auch Bürgermeister Kurz betonte, dass die Geschichte niemals vergessen werden dürfe, sondern nach außen getragen werden müsse. „Das Mahnmal ist ein sichtbares Zeichen, dass wir uns mit dem dunkelsten Kapitel unserer Geschichte auseinandersetzen. So etwas darf nie mehr geschehen.“ Die sei umso wichtiger in einer Zeit, in der die Tendenz zum Rechtsradikalismus wieder zunehme. An die Schüler gewandt meinte er: „Ihr tragt den Virus gegen Rechtsradikalismus in euch. Das Mahnmal ist der Impfstoff.“ Jeder sei aufgerufen, alles zu tun, damit sich rechtsextremes Gedankengut nicht weiter verbreitet. „Mit dem Mahnmal setzen wir von Brake aus ein Zeichen gegen das Vergessen und gegen Rechtsradikalismus.“
„Stolz und gerührt“, äußerte sich die Leiterin des Gymnasiums, Silvia Warns. Sie dankte einer engagierten Schülerschaft und einem ebensolchen Kollegium. „Ohne euch wäre das Mahnmal nicht möglich gewesen.“
Auch Arno de Wyl, Vorsitzender des Vereins der Eltern und Freunde des Gymnasiums Brake, betonte, dass kein Schlussstrich unter die Geschichte gezogen werden dürfe. Die große Unwissenheit über das Schicksal der Zwangsarbeiter in Brake geben es dank des Engagements und der Arbeit der Schüler nun aber nicht mehr.
Späte Gerechtigkeit
Hatten die Nationalsozialisten die Segnung der Verstorbenen und selbst ein Glockengeläut verboten, wurde beides am Donnerstag nachgeholt. Begleitet wurde beides von einer tief bewegten Besuchergruppe.
Sehen Sie hier ein Video der Veranstaltung.
Bild- und Artikelnachweis: nwzonline.de
Gelebte Geschichte (von Markus Minten – NWZ Brake)
Die in Brake ums Leben gekommenen 23 Zwangsarbeiter haben mit jahrzehntelanger Verspätung eine würdige Erinnerung erfahren. Aber nicht nur das: Ihnen wurde endlich zuteil, was jedem Menschen zusteht: Würde. Würde in Form eines „Denkmals gegen das Vergessen“, Würde in Form eines christlichen Abschieds.
Das Mahnmal ist dabei aktueller als es bei seinen Anfängen vielleicht gedacht war. Und nötiger: Angesichts eines wiedererstarkenden Rechtsradikalismus’ müssen alle Demokraten sämtlicher Generationen dafür einstehen, dass dieser Teil der deutschen Geschichte sich niemals wiederholen darf. Und dafür muss die Erinnerung an die Vergangenheit wach gehalten werden.
Die Braker Gymnasiasten haben – zum Teil über ihre Schulzeit hinaus – mit dem Mahnmal ein Stück Geschichte geschrieben. Hoffentlich fällt ihr Engagement auf fruchtbaren Boden.
Am Freitag wurde das von Gymnasiasten initiierte „Denkmal gegen das Vergessen“ feierlich enthüllt. Die Redner blickten aber nicht nur auf die Zeit des Nationalsozialismus’ zurück. Sie mahnten auch vor zunehmendem Rechtsradikalismus in der heutigen Zeit.
Mit rund 80 Jahren Verspätung ist Menschen doch noch ein menschenwürdiger Abschied zuteil geworden, den ihnen die Nationalsozialisten und nachfolgende Generationen verwehrt hatten. Und zu verdanken ist das Schülern und Ehemaligen des Gymnasiums samt Geschichtslehrerin Edda Grafe. In einer würdigen Feierstunde haben sie mit geladenen Gästen und zahlreichen interessierten Brakern das „Denkmal gegen das Vergessen“ enthüllt. Unmittelbar am Eingang zum Friedhof soll es ein Ort der Erinnerung sein, vor allem aber ein Ort der Mahnung, dass es eine Menschenverachtung, wie sie auch Zwangsarbeitern im Dritten Reich erfahren mussten, nie mehr geben darf. Dies sei gerade in Zeiten eines wieder zunehmenden Rechtsradikalismus’ nötiger denn je, betonten alle Redner.
Am deutlichsten wurde Pastor Gregor Stratmann: Mit aller Kraft müssten die Widerstandskräfte gegen Rechts gestärkt werden. Denn das Mahnmal sei nicht nur als Rückschau zu verstehen, sondern auch „eine verdammte Verpflichtung an uns alle, die Ausbeutung von Menschen, die nur der schnöden Fantasie einiger entspringen und niemals der Realität“ nicht hinzunehmen. Dabei gebe es weltweit auch heute noch zwischen 21 und 45 Millionen Zwangsarbeiter. Auch sein protestantischer Amtsbruder Hans-Martin Röker erinnerte daran, dass „wir solche Anker für Humanität brauchen“.
Schülerin gibt Anstoß
Allen voran war es Elsa Blakcori. Die heute 20-jährige Jurastudentin war vor drei Jahren am Braker Gymnasium Teil des Seminarfachs Geschichte. Und nach einem Besuch auf dem Braker Friedhof samt der ganz am Rand gelegenen, von vielen vergessenen Gräbern von 23 Zwangsarbeitern stand 2016 für sie fest: „Wir müssen was tun.“ Ihr Kurs samt Lehrerin haben mitgezogen. Ebenso Bürgermeister Michael Kurz, der sofort seine Unterstützung signalisierte. Und nach drei Jahren konnte sich Elsa Blakcori am Donnerstag endlich über „einen glorreichen Tag“ freuen. Einer aus dem Kosovo geflohenen Familie entstammende und erst seit zwei Jahren deutsche Staatsbürgerin, sei es ihr ein besonderes Anliegen, den Artikel 1 des Grundgesetzes zu achten, für die Würde der Menschen einzutreten und für Frieden und Menschlichkeit einzutreten.
Das von Steinmetz Olaf Renkenerstellte Mahnmal erklärte Elsa Blakcori so: Hände symbolisieren das schwere Arbeiten, die Fesseln den Zwang und der Stein die Last. Finanziert wurde das 7600 Euro teure Mahnmal aus Spenden und von Sponsoren.
Für den stellvertretenden Landrat Uwe Thöle ist das Mahnmal „ein wichtiger Beitrag, der Opfer des Nationalsozialismus zu gedenken“. Damit beziehe man Stellung gegen Ungerechtigkeit und setze sich mit der eigenen Geschichte auseinander. „Dank an die Schüler, die diesen wichtigen Beitrag geleistet haben.“
Auch Bürgermeister Kurz betonte, dass die Geschichte niemals vergessen werden dürfe, sondern nach außen getragen werden müsse. „Das Mahnmal ist ein sichtbares Zeichen, dass wir uns mit dem dunkelsten Kapitel unserer Geschichte auseinandersetzen. So etwas darf nie mehr geschehen.“ Die sei umso wichtiger in einer Zeit, in der die Tendenz zum Rechtsradikalismus wieder zunehme. An die Schüler gewandt meinte er: „Ihr tragt den Virus gegen Rechtsradikalismus in euch. Das Mahnmal ist der Impfstoff.“ Jeder sei aufgerufen, alles zu tun, damit sich rechtsextremes Gedankengut nicht weiter verbreitet. „Mit dem Mahnmal setzen wir von Brake aus ein Zeichen gegen das Vergessen und gegen Rechtsradikalismus.“
„Stolz und gerührt“, äußerte sich die Leiterin des Gymnasiums, Silvia Warns. Sie dankte einer engagierten Schülerschaft und einem ebensolchen Kollegium. „Ohne euch wäre das Mahnmal nicht möglich gewesen.“
Auch Arno de Wyl, Vorsitzender des Vereins der Eltern und Freunde des Gymnasiums Brake, betonte, dass kein Schlussstrich unter die Geschichte gezogen werden dürfe. Die große Unwissenheit über das Schicksal der Zwangsarbeiter in Brake geben es dank des Engagements und der Arbeit der Schüler nun aber nicht mehr.
Späte Gerechtigkeit
Hatten die Nationalsozialisten die Segnung der Verstorbenen und selbst ein Glockengeläut verboten, wurde beides am Donnerstag nachgeholt. Begleitet wurde beides von einer tief bewegten Besuchergruppe.
Sehen Sie hier ein Video der Veranstaltung.
Bild- und Artikelnachweis: nwzonline.de
Gelebte Geschichte (von Markus Minten – NWZ Brake)
Die in Brake ums Leben gekommenen 23 Zwangsarbeiter haben mit jahrzehntelanger Verspätung eine würdige Erinnerung erfahren. Aber nicht nur das: Ihnen wurde endlich zuteil, was jedem Menschen zusteht: Würde. Würde in Form eines „Denkmals gegen das Vergessen“, Würde in Form eines christlichen Abschieds.
Das Mahnmal ist dabei aktueller als es bei seinen Anfängen vielleicht gedacht war. Und nötiger: Angesichts eines wiedererstarkenden Rechtsradikalismus’ müssen alle Demokraten sämtlicher Generationen dafür einstehen, dass dieser Teil der deutschen Geschichte sich niemals wiederholen darf. Und dafür muss die Erinnerung an die Vergangenheit wach gehalten werden.
Die Braker Gymnasiasten haben – zum Teil über ihre Schulzeit hinaus – mit dem Mahnmal ein Stück Geschichte geschrieben. Hoffentlich fällt ihr Engagement auf fruchtbaren Boden.